Prüm · Ende einer prägenden Zeit: Nach mehr als 100 Jahren verlassen die Patres Kloster und Stadt. Einer aber bleibt. Und einer geht nicht so ganz.
Von Fritz-Peter Linden

Klaus-Peter Backes, Norbert Haasbach und Christian Rolke.
Foto: Fritz-Peter Linden
Fast genau ein Jahr ist es her, dass die Nachricht die Runde machte: Der Orden der Vinzentiner, seit 1921 im KlosterNiederprüm, gibt den Standort auf.
Die bestürzende Botschaft vom Oktober 2024 betraf aber nicht nur die letzten verbliebenen Patres. Sondern auch das Vinzenz-von-Paul-Gymnasium, das in ihrer Trägerschaft stand (der Volksfreund berichtete).
Inzwischen ist – nach viel Aufregung um die Frage, wie es dort weitergehen solle – die Schule dem Regino-Gymnasium angeschlossen, die Klassen blieben erhalten. Neuer Träger ist der Eifelkreis, der die Gebäude für fünf Jahre gemietet hat. Fünftklässler werden dort nicht mehr aufgenommen, sodass der Unterrichtsbetrieb bis 2029 ausgelaufen sein wird.
Der Älteste bleibt in Prüm, aber nicht im Kloster
Schon jetzt aber gehen die drei im Kloster verbliebenen Patres – Superior Klaus-Peter Backes und seine Mitbrüder Norbert Haasbach und Christian Rolke. Backes bereits in dieser Woche, die beiden anderen im Oktober.
Einer aber bleibt – wenn auch nicht in Niederprüm: Pater Norbert Tix, früher auch Seelsorger im Prümer Krankenhaus und weithin beliebt für seinen Humor und seine herzerfrischende Art. Der 91-Jährige lebt seit einigen Jahren imSeniorenheim, nach wie vor „geistig voll auf der Höhe“, sagt Backes. Und: „Es ist das eingetreten, was er immer gewollt hat.“ Dass Tix nämlich als letzter Vinzentiner in Prüm die Stellung halte. Und das sollen wir unbedingt schreiben, sagt Backes, „sonst habe ich eine ungemütliche Nacht vor mir“.
Aber die drei anderen, sie gehen. Und ja, das schmerze: „Ich habe hier Wurzeln geschlagen“, sagt der 60-jährige Backes, der auch als Kooperator der Pfarreiengemeinschaft Bleialf tätig war. „Das fühlt sich alles schon ein bisschen komisch an.“
Die Zukunft für die Vinzentiner aus der Eifel
Wie geht es weiter für die drei? Bei Pater Rolke, dem mit 48 Jahren jüngsten, stehe es noch nicht ganz fest. Er werde dem Orden aber erhalten bleiben. Da hatte es in jüngerer Zeit mehrfach Gerüchte gegeben, er werde die Vinzentiner verlassen.„Das war vorher schon absoluter Quatsch, und es ist auch jetzt Quatsch“, stellt Backes klar.
Rolke kam 1998 erstmals nach Niederprüm, es folgten Stationen in Lippstadt, Istanbul, Addis Abeba – und seit acht Jahren wieder Niederprüm. Dankbar sei er, sagt Rolke, trotz vieler Herausforderungen – und weil er unterwegs Türkisch und Spanisch gelernt habe.
Am längsten dabei von den dreien, seit 48 Jahren: Norbert Haasbach, der wie die anderen auch im Gymnasium unterrichtete, bis zuletzt, mit Leib und Seele: „Ich hab alles gemacht, Musik, Erdkunde, Deutsch, Religion.“ Der 76-jährige („Ich kenn praktisch die ganze Westeifel“) geht nach Trier. Wobei: „Ich gehe nicht nach Trier. Ich fahre“, sagt er.
Wichtig zu wissen, denn das gilt auch in umgekehrter Richtung: Einmal in der Woche kommt er zurück. Denn er werde auch in den kommenden Jahren die sonntägliche Messe um 19 Uhr in der Niederprümer Hauskapelle feiern.
Pater Haasbach: „Die Leute brauchen Orientierung“
Haasbach, noch nie um einen klaren Satz verlegen gewesen, ergänzt: „Die Leute brauchen Orientierung. Weil sie im Stich gelassen werden. Von ihrer Kirche, von der Gesellschaft“, gewiss von der Politik. Gerade in diesen Zeiten, in denen die Lüge, sei sie noch so offensichtlich, zum Fakt erklärt und bereitwillig geglaubt werde.
Und Pater Backes? Zieht am weitesten weg und in den höchsten Posten: Seit April ist er neuer Chef, also Provinzial, der Vinzentiner in Österreich und Deutschland. Er geht deshalb nach Graz.
Wie geht es mit dem Kloster in Prüm weiter?
Letzte Frage: Was soll aus dem Kloster werden? Geplant ist, wie berichtet, der Verkauf: „Wir sind in Gesprächen mit verschiedenen Interessenten, die sich aber noch nicht abschließend geäußert haben“, sagt Pater Backes. Und was haben die mit Niederprüm vor? Da gebe es mehrere Möglichkeiten. Ein Tagungshaus, Wohnungen, vielleicht ein Seniorenheim. Alles würde passen, sagt Backes: „Es ist nichts Abgedrehtes dabei.“
104 Jahre. Sie haben die Stadt und das kirchliche Leben geprägt. Und vielen jungen Menschen eine Schulbildung ermöglicht. In den stärksten Zeiten, während der 1950er, waren sie bis zu 14 Brüder in Niederprüm. Die Zeiten sind lange vorbei, auch die Patres finden kaum noch Nachwuchs, der Grund für ihren Abzug und die Aufgabe des Klosters. Backes: „Ich bin für meine Mitbrüder, die hier unter teils schwierigsten Bedingungen, in Schule und Seelsorge gearbeitet haben, sehr stolz und dankbar.“ Und Prüm und seine Umgebung – wie wird er das alles in Erinnerung behalten? „Als einen prägenden Teil meines Lebens“, sagt Klaus-Peter Backes.
Das letzte Wort hat der Standortälteste: Erstens, beim Basilikajubiläum im November, da werde er dabei sein, sagt Pater Haasbach. Und zweitens: „Wenn ich 90 werde, können wir noch mal ein Interview machen.“ Sehr gern, so Gott will.